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comic strip

für großes Orchester in elf Gruppen

  1998   Besetzung: 4.3.3.2 – 5.3.3.1 – Hrf.Pf/Cel.Harm.Pk.5Sz – Str (16.14.9.9.8)  

~17'

[v1.1]

 

 

 

 

numerisches

 

Jeder der 17 Teile des Stückes steht in einer anderen Transposition der für diesem Werk zugrundeliegenden Skala — mit Ausnahme des ersten und des letzten, welche beide in der 1. Transposition stehen. Bei der Wahl der Reihenfolge der verwendeten Transpositionen wurde das Ziel  verfolgt, stets solche Transpositionen aufeinander folgen zu lassen, die sich in ihrem Tongehalt möglichst stark unterscheiden. Dies geschah mithilfe dieses sechzehnzackigen Sterns:

Stephan Winkler: comic strip (Transpositionenstern)

Bei 1. beginnend ergibt sich unter Beibehaltung des Bewegungsschemas:

 

A 1 B 1 C 1 A 2 D 1 E 1 B 2 F 1 C 2 D 2 A 3 G C 3 F 2 B 3 E 2 D 3
1.
4.
12. 15. 7.
10. 2. 5. 13. 16. 8.

alle

(9.)

11. 3.
6. 14. 1.

 

 

Die Übergänge von einem zum nächsten Teil sind in comic strip auf der Ebene der Tonhöhenorganisation besonders markiert: stets wird ein Akkord der "alten" Transposition in einen der "neuen" überführt. Dies geschieht — immer abwechselnd — durch Passagen bzw. Sprünge. In beiden Fällen sind die Akkorde vor und nach dem Teilwechsel stark miteinander verwandt.

 

Stephan Winkler: comic strip (Passagen und Sprünge)

 

Im Falle der Passagen (wie etwa von A 1 zu B 1) ändert sich mit dem Transpositionswechsel zwar auch die Verschiebung des Passagenakkordes (hier: von der [III.] zur [I.] Verschiebung des Akkordes 7A). Als Gegengewicht zur Änderung in der Akkordstruktur sind sich aber die beiden aufeinanderfolgenden Akkorde in der Lage sehr ähnlich, so dass einige Töne liegenbleiben und sich die andern nur in kleinen Schritten ändern.

 

Im Falle der Sprünge (wie etwa von B 1 zu C 1) bleibt der Akkord vor und nach dem Wechsel der gleiche (hier: der Ausgangsakkord [I] 11G) — nur wird er eben dem Transpositionswechsel entsprechend verschoben (in diesem Falle acht Halbtöne abwärts). Bei den Sprüngen bleibt die Intervallstruktur des Akkords also eigentlich völlig unverändert.

 

Die konkrete morphologische und instrumentatorische Ausarbeitung der Übergänge geschah mit dem Streben nach vielfältigem Variantenreichtum. Einzig Teil G, in welchem alle Transpositionen auftreten (mit zentraler Bedeutung des Tones es', der das Zentrum und die Symmetrieachse der 9. Transposition ist) wird quasi übergangslos erreicht und verlassen.

 

 

Besonders für den B-Zyklus von Bedeutung:

 

Stephan Winkler: comic strip (17permutation chart)

 

 

 

 

 

A 1    (Takte 1 - 16, 1. Transposition)

 

Die Hauptebene (A) dominieren harte Akkordschläge mit Vor- und Nachschlägen, wobei sich der Ambitus der Akkorde in drei Phasen vergrößert. In der 1. Phase (Takt 1-4) treten alle Verschiebungen des Akkords 5E auf; in der 2. (Takt 5-7) alle Verschiebungen des Akkords 5B. In der 3. Phase (Takt 8-12) finden sich alle Verschiebungen des Akkordes 5A. Die letzten vier Takte des Teils erleben einen allmählichen Aufbau eben jenes 11-tönigen Akkords, den die kontrapunktierende Schicht hält.

Diese kontrapunktierende Schicht des Teils — hauptsächlich von den Streichern der XI. Gruppe eingebracht —  verweist auf den Binnenzyklus D. Der Ausgangsakkord [I] von 11A  changiert permanent in seiner Klangfarbe: mit langen Glissandi wechseln die Instrumente ihre Position im Akkord.

 

 

B 1    (Takte 17 - 39, 4. Transposition)

 

Die diesen ersten B-Teil prägende Idee stellt eine weiterentwickelnde Wiederaufnahme des Grundkonzepts von Gullinkambi dar: das Kreieren eines musikalischen "Biotops" in welchem verschiedene akustische Automaten agieren und aufeinander reagieren. In diesem Hauptteil des Binnenzyklus' (deswegen die Unterstreichung) werden vorgestellt: das invertierte Pendel (zuerst in Gruppe I), der Pleuel (in II), der Glider (IV), die Spirale (V), der Rotor (VI), der Trigger-Pulsar (IX) und das Schwungrad (XI).

 

Das invertierte Pendel — das fraglos kräftigste künstliche Lebewesen dieser Versuchanordnung — löst sich bereits im vorangegangenen Teil aus zwei Tönen der Passagenakkorde (in Gruppe I). Im Gegensatz zur physischen Realität eines Pendels erfährt dieses Modell eine allmähliche Vergrößerung seines Ambitus' bei gleichzeitiger Abnahme seiner Pendelfrequenz. Am Ende jedes "Ausschlags" nach oben bzw. hält die Figur wechselnd auf einem höherem, bzw. tieferem Zentralton inne. Dieser Kultur gelingt ab Takt 24 ein Überspringen auf Gruppe II, ab Takt 26 auch auf die Oboen der Gruppe III, ab Takt 28 auf die 1. Violinen von XI, ab 34 auch auf Gruppe IV. Am Ende des Teils ist fast das ganze Orchester davon erfasst worden (außer den Fagotten der Gruppe II und den relativ kleinen Gruppen VII und IX, sowie den in diesem Teil ohnehin pausierenden Schlagzeugern.

 

Unmittelbar zu Beginn des Teils tritt in den beiden Fagotten der Gruppe II der Pleuel ans Licht — nach der Entwicklung seiner typischen Bewegungsmerkmale beginnt er, ausgelöst durch das von Gruppe VII akzentuierte Ges des Trigger-Pulsars (IX) in Takt 22, mit der hin- und herschwankenden Aufwärtsbewegung. Obwohl er nie nennenswerten Einfluss auf eine andere Gruppen hat, gelingt es ihm, sich bis zum Ende des Teils "durchzuschlagen" — ehe er, gemeinsam mit Gruppe V, in Takt 39 einen Ton tiefer, als er begann verebbt.

 

Durch einen (von Gruppe VII verstärkten) "Aufschlag" des Trigger-Pulsars (in IX) auf das es wird in Takt 19 in der Gruppe IV (Trompeten und Posaunen) der Glider geboren. Mit in ununterbrochenem Achtelabstand einsetzenden Fünfton-, später Siebenton-Figuren kriecht der Glider (nach dem Prinzip der Gleitfigur in Gullinkambi, jedoch in umgekehrter Richtung) allmählich im Tonraum aufwärts: 5 Töne aufwärts • 4 aufwärts/1 abwärts • 3 aufwärts/2 abwärts • 2 auf/3 ab • 1 auf/4 ab • 5  abwärts • 4 abwärts/1 aufwärts usw. (Zur Gestalt der Figur in Gullinkambi siehe die Darstellung hier). Er verliert sich schließlich in Takt 34 im großen Sammelton b' vor dem letzten Pendelausschlag.

 

Als Spirale (oder Spiralrotation) bezeichne ich jene Kreatur, welche sich kurz nach Beginn des Teils in der Gruppe V etabliert. Ebenfalls ausgelöst vom Trigger-Pulsar in Takt 17 (das b in Klavier und VII), ist die scheinbare Bewegungsrichtung der Spirale  ebenfalls aufsteigend, in Wirklichkeit sinkt die Spirale aber mit jeder Generation zwei Skalen-Stufen hinab, dabei alle Verschiebungen des Akkordes 5E durchlaufend. Jede Stimme in sich bewegt sich permanent aufwärts, aber der beginnenden Oberstimme addierts sich bis zur Vollständigkeit des Akkords immer ein Akkordton darunter nach dem andern — nach Erreichen des kompletten Akkords nach dem gleichen Prinzip von oben her wieder abbauend.  Allerdings ist die Abwärtsbewegung nicht schnell genug um dem sich immer schneller nähernden Pendel zu entfliehen. Von fataler Wirkung auf den Glider ist dann auch die Berührung durch das Pendel zu Beginn von Takt 37: sie bewirkt des ersteren Zusammenfallen auf E, wo es (gemeinsam mit dem Pleuel) erlischt.

 

Erste Keime des Rotors (Gruppe VI) werden durch den ersten Ausschlag des Trigger-Pulsars gesetzt (a'' in Takt 17); durch den zweiten (Takt 19) tritt das fis''' hinzu; durch den dritten Ausschlag des Pulsars in Takt 22 wird schließlich seine Bewegung ausgelöst.

 

Die große Bedeutung des Trigger-Pulsars (IX) für die Geburt (bzw. Belebung) von Kreaturen dieses Biotops  ist schon mehrfach deutlich geworden:  ihm verdanken Spirale (V in T. 17), sowie Glider (IV) und Rotor (VI, beide in T. 19), ihr Existenz, Pleuel (II), Rotor und Schwungrad (XI, in T. 22) die Initiierung ihrer Bewegung. Gewissermaßen überstrapaziert vom eigenen Einfluss erschöpft sich dieser musikalische Automat dann aber bereits in der dritten Generation.

 

Wie auch der Pleuel entsteht auch das Schwungrad (XI) zu Beginn des Teils im Fis — dieses in den Kontrabässen. Die erste Generation entwickelt zunächst nur das rhythmische Modell (lediglich den genannten Ton repetierend), in der nächsten tritt bereits die Art seiner expansiven Natur zutage, kurz darauf ergreift es auch die Celli, wenig später die Bratschen usw. — bis es sich schließlich über die ganze Gruppe ausdehnt. Seinen Namen verdient das Modell natürlich durch die Art seiner Bewegung: von einem innerhalb des Phasenambitus eher hoch liegenden Zentralton aus führt die Bewegung zunächst verlangsamend ein wenig aufwärts, hält fast inne — um dann beschleunigend abwärts bis zum Tiefpunkt zu laufen, von wo aus sich die Bewegung umkehrt und allmählich verlangsamend wieder aufwärts gerichtet ist. Dieser Aufschwung schießt gewissermaßen einen Ton über den vorigen Zentralton hinaus — wodurch das Gebilde, neben der Zunahme seiner Dichte mit jeder Schwungphase, eine allmähliche Aufwärtsbewegung vollführt. Auch das Schwungrad wird in Takt 37 vom Pendel "aufgesaugt".

 

Überhaupt stellt der Takt 37 den entscheidenden Wendepunkt im Geschehen des Teils dar: das Pendel löscht die meisten bis dahin sich entwickelt habenden Automaten aus — und gebiert zwei in den nächsten Teil überleitenden Schichten: den Permutationskreisel der Kontrabässe (ein Automat, der den nächsten Teil als die hauptsächliche kontrapunktierende Schicht begleitet) sowie eine Ankündigung der motorischen Schicht der Schlagzeuger.

 

Diesem schwungvoll-dynamischen, stellenweise eskalierenden Geschehen ist (als Ankündigung des erst deutlich später auf die Szene tretenden Binnenzyklus' E) ein rhythmisch unregelmäßiges aber klanglich unbeirrbar bleibendes Moment entgegengesetzt: ein leises aber verstörend klopfendes Geräusch des Paukisten.

 

 

C 1    (Takte 40 - 55, 12. Transposition)

 

Die vorherrschende Schicht dieses Zyklus' (C) ist zweigeteilt: über dem modularen rhythmischen "Mobile" der Gruppe VIII (Schlagzeuger ohne Pauken) singen die Bratschen eine weit ausgreifende Linie in großen Intervallen und ohne Zäsur, welche von den anderen Streichern der Gruppe XI mit einer Art Kometenschweif versehen wird. Die 17 Töne dieser "Melodie" sind die 17 Töne um den Zentralton der 12. Transposition (fis') und ihre Dauern enthalten (in Sechzehnteln) 2 mal die 19, 3 mal die 17, 5 mal die 13 und 7 mal die 11 — insgesamt 231 Sechzehntel. Der genannte "Schweif" ist in diesem ersten -Teil vergleichsweise simpel organisiert: quasi als 11faches Delay des Bratschen-Dux'. Die beiden jeweils 113 Sechzehntel langen Abschnitte der "Mobile"-Schicht der Schlagzeuger sind aus jeweils 17 rhythmischen Modulen zusammengesetzt, welche — in diminuierter Form — die rhythmische Organisation der "Meoldie"-Ebene aufgreift.

 

Wie in den Erläuterungen zum vorangegangenen Teil erwähnt, ist die wichtigste kontrapunktierende Schicht des Teils das Modell des Permutationskreisels als Element des Binnenzyklus' B. Der Ausgangsakkord [I] von 11A  changiert permanent in seiner Klangfarbe: mit langen Glissandi wechseln die Instrumente ihre Position im Akkord.

 

 

A 2    (Takte 56 - 77, 5. Transposition)

 

Auch die vordergründigste Ebene des zweiten A-Teils dominieren harte Akkordschläge: erst nach der Komposition von comic strip fielen mir Parallelen meiner diesen Teil betreffenden Klangvorstellungen zu den unerbittlich scharfkantigen Akkorden der Aufnahmen früher Tango-Orchester  auf (wohlgemerkt nicht jener ambitionierten Kunstadaptionen des Genres durch Piazzolla und seine Jünger).

 

Zweimal im Verlauf dieses Teils werden dem vorherrschenden Geschehen vorwegnehmende Zitate aus dem erst später vorgestellten Zyklus F gegenübergesellt (beide Male in Gruppe I): in Takt 61f. und Takt 70f.

 

Mit dem Ende dieses Teils schließt sich erstmalig ein gewisser dramaturgischer Bogen, weshalb mit dem nächsten Teil die 2. Abteilung beginnt, wenn diese Separation auch auf keine besondere Weise hervorgehoben wird (der musikalische Fluss wird nicht unterbrochen).

 

 

D 1    (Takte 78 - 90, 7. Transposition)

 

Eine Gruppe (VII), die nicht auf den ersten Blick dafür prädestiniert scheint, trägt die kurvenreiche Linie in diesem ersten und ausformuliertesten D-Teil: der elektrisch verstärkte Kontrabass und die Pauken; sie erfährt aber tragende Unterstützung durch die Gruppe III, während die Gruppe XI ein weiches Bett aus dicht ineinander verzahnten und verwobenen Glissandi bereitet. Es gäbe zur Organisation dieses Teils noch einiges zu sagen, aber ich will diese Ausführungen nicht ins Pedantische abdriften lassen und erwähne deshalb hier nur noch Folgendes: der der Hauptebene gegenübergestellte Aspekt dieses Teils ist (wie man dem Diagramm entnehmen kann) der C-Zyklus, welcher hier durch eine Andeutung der "Mobile"-Schicht in der von zwei Spielern gespielten Triangel repräsentiert wird.

 

Ein paar Teile überspringend, möge man mir nur noch ein paar letzte Adnoten zum F-Zyklus, speziell dessen Hauptteil F1 gestatten.

 

 

F 1    (Takte 114 - 194, 5. Transposition)

 

Wie auch im Zusammenhang mit anderen, späteren Stücken dargestellt, begann mich früh gesprochene Sprache als morphologische Quelle musikalischer Gestaltbildung zu interessieren, wobei mein Interesse (für einen Musiker wenig überraschend) vornehmlich, ja fast ausschließlich, der phonetischen Ebene gilt. Natürlich ließe sich leicht auf eine illustre Ahnentafel in diesem Interesse verweisen. Und tatsächlich gehören etliche dieser Ahnen durchaus zu den mir musikalisch nahestehendesten Meistern ihres Faches. Um nicht zu vage zu bleiben, seien hier nur die Allerbekanntesten wenigstens erwähnt. Für einen Kantorensohn unvermeidlich, ist mir die kunstvolle und doch sehr natürliche Diktion Bachscher Rezitative und seine stellenweise äußerst  natürlich "sprechende"  Instrumentalmusik [Harnoncourt] früh ans Herz gewachsen und vertraut geworden. Es dauerte nicht lange, bis ich auch Mussorgskijs Kinderstube und Schönbergs Pierrotschen Sprechgesang kennenlernen durfte. Die größte Verwandtschaft jedoch ließe sich sicherlich zu Janáček konstatieren, dessen mit damaliger HighTech vorgenommene penibelste Analyse des mährischen Sprachrhythmus' und der Sprachmelodie als eine Quelle seiner Sprachvertonungen in der Oper meinen Vorstellungen und Ambintionen schon recht nahe kommt. Tatsächlich waren es auch Janáčeks Opern, die meine damals jugendlich heftige Abkehr vom Operngenre wieder erfolgreich ins Wanken gebracht haben.

 

Dennoch waren es (so merkwürdig das klingen mag) keine dieser meisterhaften Vorlagen, die mein Interesse an der Weiterentwicklung dieser Idee inspirierten — dies lösten vielmehr Messiaens Vogelstimmennotate aus. Die intellektuellen Merkwürdigkeiten jenes Konzepts einer artifiziellen instrumentalen Resynthese natürlicher, unreflektierter Objekte haben mich seither immer wieder fasziniert. Die Tatsache, dass es sich bei frei gesprochener Sprache um ein in vieler Hinsicht hoch komplex organisiertes, in seinen wesentlichen akustischen Aspekten aber höchst variables Objekt der Betrachtung handelt, hat mich seit comic strip zu vielen verschiedenen Ansätzen der kompositorischen Einbindung dieses Ansatzes angestiftet.

 

In den F-Zyklus von comic strip habe ich die Beschäftigung mit diesem Thema erstmals in konsequenter Weise eingebracht. Hierfür habe ich einen dramaturgisch meisterhaft performten telephonischen Monolog mitgeschnitten und folgendermaßen "vertont". Zunächst  transkribierte ich möglichst akribisch den Rhythmus, hierbei um möglichst präzise Lösungen für das Problem sinnfälliger Notation der ständigen Schwerpunktverschiebungen in natürlicher Sprache bemüht (Taktwechsel). Allzu grobe rhythmisch-metrische Vereinfachungen subtiler akustischer Vorgänge erschienen mir immer als Manko jedweder Musik. Bei der instrumentalen Wiedergabe der Sprache wird das Tempo dann allerdings durchaus adäquat verlangsamt.

Pragmatisch im Hinblick auf die Möglichkeiten ähnlich akribisch notierte dynamische Verläufe exakt wiederzugeben, ist dies sicherlich die am stärksten vereinfachte Ebene der Umsetzung. Die beim Sprechen ja meist extrem rasch variierende Dynamik ist mit traditionellen Instrumenten kaum adäquat reproduzierbar.

 

Schließlich transkribierte ich möglichst präzise den Tonhöhenverlauf — und natürlich rede ich hier von der jedem Hörer von Sprache nachvollziehbaren Kontur der Hauptfrequenzen der Stimme.  Insbesondere das konkrete Frequenzspektrum der Sprachquelle in diesem Stück (ein Telephonat) macht das Analysieren anderer Aspekte der Tonhöhen wenig sinnvoll. Eine gewisse "Rasterung" (Quantisierung) des Tonhöhennotats nahm ich freilich tatsächlich vor: ich quantsierte die Vorlage gewissermaßen in das Raster der temperierten zwölfstufigen chromatischen Skala.  Die anschließende Projektion des chromatischen Notats auf das Gitter der entsprechenden Skalentransposition (5.) hat natürlich eine gewisse Spreizung der Intervalle zur Folge, welche wiederum eine willkommene, etwas hysterische Überzeichnung der sprachmelodischen Kurve erzeugt. 

 

Der Monolog beginnt — einstimmig — bereits am Ende des vorangehenden zweiten B-Teils: zunächst in der 1. Klarinette, dann in der gesamten Gruppe II. Im Verlauf des ersten F-Teils "verbreitert" sich der Monolog allmählich, indem der eigentliche Ton zum Zentralton erst eines dreistimmigen, dann eines fünfstimmigen und schließlich eines siebenstimmigen Akkords wird. So wächst die Schicht der Sprachadaption allmählich zu einem merkwürdigen, bizarren (und in seiner Vorlage ganz unheiligen) "Choral" an.

 

Zur Erläuterung der Vorlage mögen hier zum Schluss noch die ersten acht Seiten der (chromatisch gerasterten) Transkription der Sprachvorlage abgebildet sein:

Stephan Winkler: comic strip (Sprachtranskript)