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surtur von sinnen
für fünfzehn Streicher und zwei Schlagzeuger |
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1990 |
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Besetzung: 2Sz – Str (8.0.3.3.1) |
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~8’ |
text
Der Programmhefttext zur Uraufführung (1991):
Beauflagt mit dem Schreiben eines Textes über ein eigenes Stück mit einer Mindestlänge von eintausendsechshundertachtzig Zeichen, bleibt einem dieser Verpflichtung äußerst unwillig Gegenüberstehenden nur dreierlei: entweder eben diesen Unwillen zu artikulieren und zu begründen (was weder viel Text hergibt noch sonderlich von Interesse sein dürfte) oder, in einer Art Flucht nach vorn, einen Text zu schreiben, der bemüht wenig mit dem Stück zu tun hat. Man müsste dazu nicht einmal ausgefallene stilistische Kapriolen riskieren. Denn im Grunde würde es genügen, z.B. von Ratatöskr zu berichten, einem als Urahn des Denunzianten den Stamm der Weltesche Yggdrasil herauf- und hinabwetzenden Eichhorns, welches abwechselnd dem leichenfressenden Lindwurm und dem ersten unter den Göttern das Schlechte hinterträgt, das der jeweils andere über ihn zu keifen sich nicht verkneifen konnte.
Doch vielleicht ist es angemessener — schließlich soll ich über Musik schreiben — vom heiteren Egdir zu künden, welcher in lieblicher Landschaft die Harfe schlug, einen hochroten Hahn namens Fialar, der vor ihm sang, begleitend… Doch ist es Asche mit Arkadien: kaum das Giallarhorn erhoben, bläst Heimdall auch schon laut hinein, erdröhnt der Grund, üble Disen fliegen, Schilde krachen, Garme vom Schlage eines Hati heulen vor ihren Gnupahöhlen, goldkammige und schwarzrote Hähne kreischen gellend — entweder, wie Gullinkambi, den Göttern oder, in der Hölle, der Hexe Hel.
Die Zwerge jedoch tun nur, was ich angesichts dieses Textes auch zu tun versucht bin: sie stöhnen. Denn als dritte Möglichkeit wäre ja geblieben, das Textschreiben rundweg und konsequent abzulehnen.
Aber da war ja noch ein Aspekt, welchen ich doch gern noch mitteilen wollte, weil er tektonische Relevanz für das Stück besitzt:
Hat es dafür nicht gelohnt doch zu schreiben?
ps.: Surtur von Sinnen entstand von September bis Dezember 1990 in Wien und Berlin.
Kompositionsstipendium des Berliner Senats
Uraufführung: 16.2.1991, Berlin, Ensemble Oriol | Sebastian Gottschick, weitere Aufführungen
1991 Produktion des Werkes durch den Sender Freies Berlin (heute rbb)
Aus den ANMERKUNGEN der Partitur:
Die Musiker des Ensembles sind in zwei Gruppen (
α und
β) aufgeteilt, deren Aufstellung die folgende sein sollte:
Mit Ausnahme jeweils einer Saite sind die Saiten der Streichinstrumente der Gruppe
α mit Metallsplinten präpariert, welche vom Beginn des Stückes bis zu seinem Schluss unverändert bleiben. …
Zur Spielweise: die präparierten Saiten werden gleichermaßen zwischen Splint und Steg (sul pont.) sowie zwischen Splint und Griffbrett (sulla tastiera) gespielt — sowohl gestrichen als auch gezupft. …
Zu beachten ist, dass auf den präparierten Saiten natürlich niemals die notierten Töne klingen, welche lediglich die Griffe bezeichnen.
Das Instrumentarium der Schlagzeuger ist das folgende:
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Sz 1:
Claves
Tempelblock
Tomtom (mittel)
3 Pedalpauken (F-c; A-e; c-g)
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Sz 2:
Holzblock
Kleine Trommel (mit Schnarrsaiten)
Große Trommel (möglichst diagonal gehängt)
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Hinweis für die Streicher der Gruppe β:
Die Glissandi, welche weite Teile des Stückes prägen, sind so auszuführen, dass weder ein Anfangs- noch ein Schlusston hörbar ist: aus dem Nichts kommend, ins Nichts führend — nur die Bewegung selbst ist wahrnehmbar. Das Gleiten des Fingers der linken Hand beginnt und endet genau wie notiert, der Bogendruck wird aber erst nach Beginn des Glissandos ausreichend, um den Ton hörbar zu machen — und wird bereits vor dem Ende des notierten Gleitens zu gering sein, um dieses wahrzunehmen.
Dabei ist zu beachten:
• dass die angegebene Strecke des Glissandos (von Anfangs- zu Schlusston) in der Geschwindigkeit so gleichmäßig wie möglich zurückgelegt wird — was einige Übung des Timings erfordert;
• dass also Lauter-Werden nicht zum Schneller-Gleiten — und umgekehrt Leiser-Werden nicht zum Langsamer-Gleiten verführen darf (was eine verständliche "natürliche" Tendenz ist);
• dass so wenig wie möglich Bogenwechsel auszuführen sind und
• dass alle Glissandostellen natürlich ohne Vibrato gespielt werden müssen.
Die beiden ersten Partiturseiten:
und zwei weitere: